Das brasilianische Schulsystem umfasst bis zum Sekundarschulabschluss inzwischen zwölf Schuljahre.

Bis 1995 gliederte es sich in

• die achtjährige Primarschule (1º Grau)
• die dreijährige Sekundarschule (2º Grau), unterteilt in drei "séries", die allgemeinbildend, aber auch berufsbezogen sein konnten
  
  

1996 wurde eine umfassende Bildungsreform durchgeführt.

Das Schulsystem gliedert sich seitdem in

• die acht-  bzw. inzwischen weitestgehend neunjährige Primarstufe („ensino fundamental“*), unterteilt in einen
  
  

1. ciclo educação fundamental = 1a a 4a série
2. ciclo educação fundamental = 5a a 9a série

• die mindestens dreijährige Sekundarstufe (ensino médio e técnico). Bei berufsbildenden Sekundarschulabschlüssen des "ensino técnico" kann die Schulzeit auch vier Jahre betragen.
  
  

Mit dem „Lei de Diretrizes e Bases da Educação Nacional" (LDB) vom 20.12.1996 wurde die Schulpflicht („ensino fundamental obrigatório“) auf neun Jahre verlängert. Ab diesem Zeitpunkt sollen alle dann 6-jährigen Kinder eine neunjährige Grundbildung bekommen. Die Umstellung auf eine neunjährige Primarschulzeit soll bis 2016 vollständig vollzogen sein.

Für die neunjährige Primarstufe (6 - 15 Jahre) besteht Schulpflicht. Der Lehrplan sieht die Fächer Portugiesisch, Geschichte, Geographie, Naturwissenschaften, Mathematik sowie Kunst und Sport vor. Ab der Klassenstufe 6 sind zudem  1 - 2 Fremdsprachen verpflichtend, zumeist Englisch und Spanisch.

Ein Schuljahr der Primarstufe besteht aus mindestens 200 Unterrichtstagen bzw. 800 Unterrichtsstunden pro Jahr. Das Schuljahr beginnt in der Regel im Februar und endet im Dezember, einschließlich ein- bis zweiwöchiger Ferien im Juli  und Dezember. In einigen Regionen sind aufgrund klimatischer Bedingungen oder wirtschaftlicher Gegebenheiten Abweichungen davon möglich.

Kernfächer in der Sekundarstufe (15 - 18 Jahre) sind Portugiesisch und Brasilianische Literatur, Geographie und Geschichte, Physik, Chemie, Biologie, eine Fremdsprache, Kunst und Sport. Die dreijährige Sekundarstufe umfasst insgesamt 2400 Unterrichtsstunden, mit ebenfalls 200 Unterrichtstagen pro Schuljahr.

Der Unterricht wird oftmals noch in drei Schichten gehalten: morgens („matutino“, 7 - 12 Uhr), mittags („verspertino“, 12 - 18 Uhr) und abends („noturno“, 18 - 23 Uhr), d.h. ein Schüler besucht in einer der drei Schichten die Schule. Im Jahr 2014 gingen noch circa ein Drittel der Schüler der Sekundarstufe abends zur Schule. Die Tendenz ist jedoch  abnehmend. Zudem gibt es zunehmend Ganztagsangebote.

Der Primar- und Sekundarschulunterricht findet vorrangig in staatlichen Schulen statt, obwohl es auch zahlreiche private Schulen gibt (laut Weltbank 13% im Jahr 2009). Zwischen privatem und staatlichen Schulunterricht gibt erhebliche Qualitätsunterscheide. Die Aufnahme an der besten staatlichen Hochschulen gelingt zumeist nur nach vorherigen Besuch einer privaten Schule.

Im Jahr 2013 gab es in Brasilien circa 2400 Hochschuleinrichtungen, davon 74% private Hochschulen und 26% staatliche Hochschulen.

Die staatlichen Hochschulen werden je nach Zuständigkeit unterschieden in:

·        „universidades federais“ – unterstehen dem Nationalstaat

·        „universidades estaduais“ – unterstehen einem Bundestaat

·        „universidades municipais“ – unterstehen der Stadt bzw. Kommune

Unter den privaten Hochschulen werden nicht gewinnorientierte („sem fim lucrativo“) von gewinnorientierten Hochschulen („com fim lucrativo“) unterschieden.

In Brasilien werden folgende Hochschultypen unterschieden:

·        Universidade: „Universidades“ zeichnen sich aus durch eine breite Anzahl an Fachrichtungen und Abschlüsse auf allen Qualifikationsstufen aus. Entscheiden ist die Breite in Lehre und Forschung. Ein Drittel der Lehrerenden müssen über einen Abschluss der zweiten oder dritten Studienstufe („Mestrado“ oder „Doutarado“) verfügen. Ein Drittel der Lehrenden müssen zudem Vollzeitstellen haben („trabalho integral“). „Universidades“ sind autonom in Lehre / Wissenschaft, Verwaltung und sowie Finanzierung.

·        Universidade Especializada: „Universidades especializadas“ zeichnen sich ebenfalls durch Lehre und Forschung aus, allerdings spezialisiert in einem Fachgebiet z.B. Gesundheit oder Agrarwissenschaften. Eine Akkreditierung als „Universidade Especialilizada“ ist nur bei ausgezeichneten Leistungen im Fachgebiet möglich (art. 8°, §2 do decreto 3.860/01)

·        Centro Universitário: Bei „Centros universitários“ ist das Primat der Lehre und Forschung ist nicht verpflichtend, so dass oft wenig bzw. keine Forschung stattfindet und vorrangig Abschlüsse auf der ersten Studienstufe angeboten werden. Gelehrt wird in mehreren Fachgebieten.

·        Faculdade Integrada: Bei „Faculdades Integradas“ findet in der Regel keine Forschung, sondern nur Lehre statt. Das Studienangebot umfasst mehr als ein Fachgebiet bzw. eine Studienrichtung.

·        Faculdade Isolada: Bei einer „Faculdade Isoldada“ wird nur ein Fachgebiet gelehrt. Es findet keine Forschung statt.

·        Instituto Superior de Educação: „Institutos Superiores de Educação” sind Hochschuleinrichtungen für Lehramtsausbildungen.

Das „Certificado de Conclusão do 2° Grau/Certificado de Conclusão de Ensino Médio” sowie dreijährige beruflich orientierte Fachrichtungen, die mit dem “Diploma de Técnico de Nivel Medio/Diploma de Ensino Médio com Habilitação em (…)” abschließen, ermöglichen es, an den hochschuleigenen Hochschulzugangsprüfung teilzunehmen.

Im Jahr 1998 wurde das „Exame Nacional do Ensino Médio“ (ENEM) geschaffen. Ursprünglich als Instrument zur Überprüfung der Schulleistung gedacht (Brasilien hat keine zu Deutschland vergleichbaren Abschlussprüfungen), beschloss das brasilianische Hochschulministerium im Jahr 2009, ENEM als offizielle, landesweite Hochschulzugangsprüfung zu etablieren. Inzwischen verwenden immer mehr, aber bei weitem nicht alle Hochschulen ENEM  als Auswahlprüfung für den Hochschulzugang, entweder zusätzlich oder als Ersatz zur eigenen Hochschulzugangsprüfung („vestibular”).

Bei der ENEM-Prüfung werden fünf Fachgebiete (Naturwissenschaften, Gesellschaftswissenschaften, Mathematik, Portugiesisch, Englisch oder Spanisch als Fremdsprache) in Form von Multiple-Choice Fragen getestet. Zusätzlich muss ein Aufsatz verfasst werden.

Neben ENEM gibt es aber weiterhin die eigenen Hochschulaufnahmeprüfungen („vestibular“) der Hochschulen. Diese sind zumeist zweistufig. Zunächst ist ein breitgefächerter Test abzulegen. Die Schüler mit den besten Ergebnissen absolvieren dann einen zweiten auf die gewünschte Studienrichtung bezogenen Test.