Bildungswesen
Informationen zum Bildungswesen in Indien
Schulwesen
Trotz einiger regionaler Unterschiede hat sich in allen Bundesstaaten Indiens mittlerweile das zwölfjährige 10+2-Schulsystem durchgesetzt. Die Prüfungen nach Klasse 10 und 12 (Bezeichnung in Indien: „Standard X“, „Standard XII“) zum Erwerb eines Schulabschlusses werden zentral durch offizielle Schulprüfungsbehörden durchgeführt – entweder durch bundesstaatliche Boards of Education (unterschiedliche Bezeichnungen, z.B. Board of School Education Haryana) oder durch eine der drei zentralstaatlichen Prüfungsbehörden (Central Board of Secondary Education - CBSE, Council for the Indian School Certificate Examinations - CISCE, National Institute of Open Schooling - NIOS). Die Schulzeugnisse von CBSE und CISCE stehen in Indien in dem Ruf, qualitativ höherwertiger zu sein als die Abschlusszeugnisse der Prüfungs-Boards in den einzelnen Bundesstaaten.
Alle anerkannten Schulprüfungsbehörden sind hier gelistet: www.cobse.org.in/members
Charakteristika des indischen Schulsystems:
- 10+2-System (10 Jahre bis Secondary School, 2 Jahre Higher Secondary School)
- Schulcurricula sind teilweise erheblich unterschiedlich
- bis zur 10. Klasse generell gute Fächerbreite ohne Spezialisierung
- in Klassen 11 und 12 Aufteilung in allgemeinbildenden (general/ academic) und berufsbildenden Zweig (vocational) sowie in manchen Bundesstaaten Spezialisierung auf einen fachlichen Schwerpunkt (z.B. Humanities, Pre-Engineering)
- die zentralen Abschlussprüfungen nach Klasse 10 und 12 umfassen zumeist 5-6 Hauptfächer (neben schulinternen Fächern, wie z.B. Physical Education oder Work Experience)
- die Zeugnis-Bezeichnungen variieren je nach School Board, am häufigsten sind:
- Schulzeugnis nach Kl. 10: Secondary School Certificate, Matriculation Examination
- Schulzeugnis nach Kl. 12: Higher Secondary School Certificate, Senior Secondary School Certificate
In Indien berechtigt i.d.R. der Schulabschluss nach 12 Schuljahren zum dortigen Hochschulzugang. Zum Teil sind zusätzliche Aufnahmeprüfungen erforderlich.
Der Schulabschluss nach 10 Schuljahren plus ein berufsbildendes Diploma-Programm nach 3 Jahren (z.B. Diploma in Mechanical Engineering) kann in Indien den Hochschulzugang für technische-ingenieurwissenschaftliche Fächer ermöglichen. Bei dieser Variante erfolgt i.d.R. ein Quereinstieg in das 3. Fachsemester eines Bachelor of Engineering-/ Bachelor of Technology-Studiengangs an einer indischen Hochschule.
Notensystem der Sekundarschulen
Die zentralen Abschlussprüfungen nach Klasse 10 und 12 werden in mindestens 5 Fächern abgelegt. Die Noten werden als "Marks" und "Grades" (oder auch: "Positional Grades") auf den Zeugnissen ausgewiesen.
Bei "Marks" handelt es sich um absolute Noten, die die erbrachte Leistung bewerten. Die Maximalnote liegt häufig bei 100, die Mindestbestehensnote 40 je Prüfungsfach. Es sind jedoch auch hiervon abweichende Maximalnoten (z.B. 150) und Mindestbestehensnoten (z.B. 33) möglich. Auf manchen Zeugnissen sind Noten für den praktischen und theoretischen Teil eines Faches getrennt ausgewiesen. Das Notensystem ergibt sich i.d.R. aus den Angaben auf dem Zeugnis.
Die Gesamtnote ergibt sich aus der Summe der erreichten "Marks" und der Summe der maximal möglichen "Marks" (z.B. 350 von 500).
"(Positional) Grades" bezeichnen eine Rankingplatzierung innerhalb des Prüfungsjahrgangs und werden zumeist als Buchstaben vergeben, i.d.R. mit A (oder A1) als Bestnote.
Hochschulwesen
Das Hochschulwesen in Indien ist seit der britischen Kolonialzeit im Ursprung westlich geprägt, aufgrund der Größe des Landes und Vielfalt jedoch äußerst komplex. Die Zuständigkeit im Bereich Bildung ist zwischen der indischen Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt.
Akteure im Hochschulbereich
- UGC (University Grants Commission)
Zuständige Behörde für Qualitätssicherung und Formulierung von Standards im Hochschulwesen. Die UGC veröffentlich Listen der anerkannten Hochschulen folgender Hochschultypen: Central, State, Private und Deemed-To-Be Universities (sowie eine „Consolidated List“ aller Hochschulen unter www.ugc.ac.in/oldpdf/Consolidated%20list%20of%20All%20Universities.pdf)
- Ministry of Education (früher: Ministry of Human Resource Development, MHRD)
Zuständige Behörde für die nationale Bildungsplanung (z.B. 5-Jahres-Pläne) sowie zentrale Bildungseinrichtungen. Zu den zentralen Einrichtungen im Hochschulwesen zählen die Central Universities und die Institutions of National Importance (u.a. Indian Institutes of Technology). Die Institutions of National Importance sind gelistet unter www.education.gov.in/en/institutions-national-importance
Über das vom MHRD initiierte NIRF (National Institutional Ranking Framework, www.nirfindia.org) wird ein jährliches Ranking der staatlichen Hochschulen veröffentlicht. Die Teilnahme privater Hochschulen am Ranking ist freiwillig.
- NAAC (National Assessment and Accreditation Council)
Das NAAC (naac.gov.in) wurde 1994 gegründet, um Qualität der Hochschuleinrichtungen zu überwachen. Die Institutionen werden nach mehreren Qualitätsmerkmalen geprüft und mit einer Note bewertet, die Ergebnisse sind auf der Homepage einzusehen. Zunächst war die NAAC-Akkreditierung freiwillig, z.Zt. ist sie notwendig um Förderung von der UGC zu erhalten. Künftig sollen alle Hochschulinstitutionen durch die NAAC akkreditiert werden. Im Jahr 2019 waren rund 300 der insgesamt 911 Hochschulen NAAC akkreditiert. Die Noten der akkreditierten Hochschulen werden in einer Datenbank und in Form einer Excel-Liste (http://www.naac.gov.in/index.php/en/2-uncategorised/32-accreditation-statushttp://www.naac.gov.in/index.php/en/2-uncategorised/32-accreditation-status) veröffentlicht.
- AICTE (All India Council for Technical Education)
Es handelt sich um eines der sog. "Professional Councils" in Indien. AICTE ist für Qualitätsprüfung technischer und ingenieurwissenschaftlicher Programme an Hochschulen und nichthochschulischen Einrichtungen zuständig.
Eine institutionelle Genehmigung durch AICTE ist nicht gleichzusetzten mit einer Anerkennung als Hochschule. Hierfür ist die die Anerkennung durch die UGC erforderlich bzw. der Status "Institution of National Importance", der durch die zentralstaatliche indische Regierung erfolgt (siehe UGC bzw. MHRD).
Durch AICTE genehmigte Institutionen können hier abgerufen werden: facilities.aicte-india.org/dashboard/pages/angulardashboard.php
- AIU (Association of Indian Universities)
Verband der indischen Hochschulen, gibt u.a. das alle zwei Jahre veröffentlichte Nachschlagewerk „Handbook of Indian Universities“ mit Auflistung der Mitgliedshochschulen und Studiengänge heraus.
Hochschulabschlüsse
Das Hochschulwesen in Indien ist britisch geprägt und dreistufig mit den Abschlüssen Bachelor – Master – PhD.
Anders als das deutsche Hochschulwesen bietet es auch Abschlüsse unterhalb der Bachelor- bzw. Masterebene an (z.B. Postgraduate Diplomas unterhalb der Masterebene).
- Bachelorabschlüsse
Grundsätzlich lassen sich indische Bachelor-Studiengänge wie folgt unterteilen:
- 3-jährige Bachelor, z.B. Bachelor of Arts, Bachelor of Science, Bachelor of Commerce, Bachelor of Business Administration
- 3-jährige Honours Bachelor mit Spezialisierung auf eine Fachrichtung
- mind. 4-jährige Professional Bachelor, z.B. Bachelor of Engineering, Bachelor of
- Technology, Bachelor of Architecture (Dauer abhängig von Fachrichtung)
- Postgraduate Bachelor, die auf einem zuvor erworbenen Bachelor aufsetzen,
z.B. 1-jähriger Bachelor of Education, 3-jähriger Bachelor of Law
Bei den 3-jährigen Bachelorabschlüssen Bachelor of Arts und Bachelor of Science sind i.d.R. Pflichtfächer vorgeschrieben, unabhängig von der übrigen Fachrichtung. Üblich sind zwei Sprachen (Englisch, Hindi oder eine Sprache des jeweiligen Bundesstaats) und interdisziplinäre Fächer wie „Environmental Studies“, „Indian Heritage“ o.ä.
- Masterabschlüsse
Indische Masterabschlüsse (z.B. Master of Science, Master of Arts, Master of Engineering, Master of Technology) sind i.d.R. 2-jährig. Zugangsvoraussetzung ist grundsätzlich ein Bachelor-Abschluss einer anerkannten Hochschule, oftmals gekoppelt mit einer Mindestbestehensnote und einer zusätzlichen Aufnahmeprüfung. Eine wissenschaftliche Abschlussarbeit (z.B. thesis, project work, dissertation) ist nicht für alle Masterkurse zwingend vorgesehen und variiert in Qualität und Umfang.
Der Abschluss Master of Philosophy, der i.d.R. auf einem zuvor erworbenen Masterabschluss aufbaut, ist ein forschungsorientierter „pre-doctoral research degree“ mit regulär 1-jähriger Dauer.
- Grundständige und postgraduale Certificate- und Diploma-Abschlüsse
Es handelt sich um Abschlüsse mit 0,5 bis zu 3-jähriger Dauer. Sofern sie an Hochschulen durchgeführt werden, sind sie unterhalb eines Bachelor- bzw. unterhalb eines Mastergrades einzuordnen.
An indischen Hochschulen werden besonders häufig 1-jährige Postgraduate Diploma-Abschlüsse angeboten, die einen Bachelorabschluss voraussetzen und als Aufbaustudium absolviert werden.
Abschlüsse mit den Bezeichnungen Certificate, Diploma, Postgraduate Certificate, Postgraduate Diploma u.ä. können auch von nichthochschulischen Einrichtungen angeboten werden. In diesen Fällen handelt es sich um nichtakademische Berufsqualifikationen.
- Doctor of Philosophy (Abkürzung: Ph.D., selten D.Phil.)
Verleihung durch indische Universitäten und Institutions of National Importance nach regulär 3-5 Jahren und Anfertigung einer Doktorarbeit, aufbauend auf einem mindestens 5-jährigem Studium (3 Jahre Bachelor plus 2 Jahre Master; im Ausnahmefall an einigen Hochschulen direkter Einstieg in ein Ph.D.-Programm nach 4-jährigem Bachelor möglich).
Hochschulen und Hochschuleinrichtungen
Die ersten Hochschulen in Indien wurden während der britischen Kolonialherrschaft in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Vorbild der University of London gegründet. 1950 gab es 20 Hochschulen, 2014 waren es bereits 677, 2019 dann 911 Hochschulen. In den letzten drei Jahren kletterte die Zahl erneut auf nun (Stand März 2022) 1159 Hochschulen. Selbst bei diesem hohen Wachstum kommt Indien den Anforderungen nicht nach, der wachsenden jungen Bevölkerung den Hochschulzugang zu ermöglichen. Dementsprechend steigt die Zahl der neu gegründeten privaten Hochschulen sowie die Zahl derer, die im Ausland nach einem Studienplatz suchen.
Der Anteil der international wettbewerbsfähigen Forschung an indischen Hochschulen ist relativ gering. Um die Qualität des Hochschulwesens zu verbessern, ergreift die Regierung Maßnahmen wie Exzellenzinitiativen, Hochschulrankings und Qualitätsprüfungen.
In Indien wird zwischen folgenden Institutionstypen unterschieden:
- Central Universities
- State Universities
- Private Universities
- Deemed-to-be-Universities
- Institutions of National Importance (darunter z.B. die Indian Institutes of Technology)
Die indischen Universitäten bestehen üblicherweise aus einer Reihe von angeschlossenen Colleges („affiliated colleges“), an denen der eigentliche Unterricht stattfindet; für übergeordnete Angelegenheiten wie auch für die Gradverleihung und die Forschung ist die Universität selbst zuständig. „Autonomous colleges“ haben mehr Rechte als „affiliated colleges“, was beispielsweise die Gestaltung eigener Curricula und Ausstellung vorläufiger Zeugnisse betrifft. Es gibt rund 40.000 colleges, davon 850 „autonomous colleges“. Die Anerkennung dieser Colleges findet durch die angliedernde Hochschule (parent university) statt. Colleges bieten i.d.R. Studiengänge auf Bachelor-Ebene an; postgraduale Studiengänge und Forschung finden dagegen fast ausschließlich an den Universitäten statt.
Colleges sind im Gegensatz zu den Hochschulen nicht in anabin gelistet.
Die UGC veröffentlicht die Liste der anerkannten „affiliated colleges“ unter https://www.ugc.ac.in/recog_College.aspx , weitere angegliederte Colleges können auf den Webseiten der jeweiligen angliedernden Hochschulen geführt sein. Die Untergruppe der „autonomous colleges“ ist unter https://ugc.ac.in/subpage/Autonomous_Colleges.aspx , dort Punkt 6 "List of Autonomous Colleges" zu finden.
Notensystem der Hochschulen
1. Grundlegende Erläuterungen
Die Notensysteme für Bachelor-, Master- und PhD-Abschlüsse an indischen Hochschulen variieren stark.
Ein einheitliches Notensystem wird in Indien durch die zuständige University Grants Commission (UGC) für bestimmte Bachelorabschlüsse angestrebt. Die Tendenz geht dabei zur Anwendung eines 10-Punkte-Systems, wobei die unterste Bestehensnote häufig bei 4 oder 5 liegt und die Maximalnote 10 sehr selten vergeben wird.
Festzustellen ist, dass nach wie vor große Unterschiede von Hochschule zu Hochschule bestehen, sowie innerhalb der Hochschulen im Zeitverlauf und in Bezug auf unterschiedliche Studiengänge/-abschlüsse.
So ist üblich, dass
- die unterste Bestehensnote variiert,
- die unterste Bestehensnote für einzelne Kurse von der untersten Bestehensnote für den Studienabschluss abweicht,
- unterschiedliche Bezeichnungen und Skalen für Noten verwendet werden,
- die Zuordnung der einzelnen Notentypen zueinander variiert (z.B. die Zuordnung der alphabetischen zu den numerischen Noten).
2. Gängige Terminologie
Die folgende Terminologie ist zwischenzeitlich weitgehend verbreitet:
Grade Points | numerische Noten für einzelne Kurse/Module auf einer 10-Punkte-Skala · 10 = Bestnote · die unterste Bestehensnote variiert · Hinweis: häufig ist die unterste Bestehensnote für einzelne Kurse/Module niedriger als die unterste Bestehensnote für den Studienabschluss
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Letter Grades | alphabetische Noten für einzelne Kurse |
Marks | absolute Noten in %-Werten (100% = Bestnote, die unterste Bestehensnote variiert) |
Semester Grade Point Average (SGPA) | Gesamtnote für ein Semester · wird aus Einzelnoten der Kurse berechnet, üblicherweise unter Berücksichtung einer Gewichtung nach erworbenen Credits · 10 = Bestnote · die unterste Bestehensnote variiert
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Cumulative Grade Point Average (CGPA) | Gesamtnote für einen Studienabschluss · wird aus Einzelnoten der Kurse oder aus den SGPA berechnet, üblicherweise unter Berücksichtung einer Gewichtung nach erworbenen Credits · 10 = Bestnote · die unterste Bestehensnote variiert, häufig: 4 oder 5 · Hinweis: häufig ist die unterste Bestehensnote für den Studienabschluss höher als die unterste Bestehensnote für einzelne Kurse
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3. Prädikate (Class, Division)
Ein indischer Hochschulabschluss wird häufig mit einem Prädikat („Class“ oder „Division“) bewertet. Dem Prädikat ist ein Notenbereich zugeordnet, der in % angegeben wird und sich zumeist aus der Leistung der Abschlussprüfungen ergibt. Heute kann das Prädikat auch einem CGPA-Wert zugeordnet und sich aus den Noten aller Kurse ergeben. Üblich ist die folgende Aufteilung: First Class with Distinction, First Class, Second Class, Third Class (oder Pass Class). Teilweise fehlt die oberste Kategorie “First Class with Distinction” oder die unterste Kategorie (Third oder Pass Class). Viele Hochschulen vergeben eine „First Class“ bereits ab 60%.
Zuständige Stellen in Indien
Name der Stelle | Ort | Zuständig für | |||||||||||||||
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Institution of Engineers | - | Berufsverband für Ingenieure | |||||||||||||||
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Medical Council of India | New Delhi (Delhi) | ||||||||||||||||
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Association of Indian Universities (AIU ) | New Delhi (Delhi) | ||||||||||||||||
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Indian Institute of Architects | - | Berufsverband für Architekten | |||||||||||||||
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Akademische Prüfstelle (APS) Indien | New Delhi (Delhi) | ||||||||||||||||
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